Anlass vom 20. November 2021
Hallo
bei dieser Wanderung konnten einige aus gesundheitlichen und anderen Gründen nicht teilnehmen. Darum will ich etwas ausführlicher davon erzählen.
Von Anfang an: In Sissach wartete ich mit meinem Enkel Jamin und kein Mann kam. Auf unserer Reise nach Riehen schlossen sich uns aber immer mehr Männer an und in Riehen wurden wir von weiteren erwartet. So waren wir doch eine gute Schar. Pierre führte uns dann zum ehemaligem Bahnwärterhäuschen der DB, der aktuellen ‚Gedächtnisstätte für Flüchtlinge zur Zeit des 2. Weltkrieges‘. Leider war unsere Zeit sehr knapp, so dass wir nur einen kurzen Einblick in dieses Museum erhielten. Es umfasst Zeugnisse von betroffenen Flüchtlingen, Fluchthelfern, Überlebenden, Bewohnern von Riehen und auch Protokolle von Grenzwächtern. Hier hat Pierre uns zum Anlass der 50. Männer-Bewegung einen Apero mit vielem, was eines Mannes Herz erfreut, aufgetischt. Doch bald ging es weiter: zur Bischofshöhe, einer Anhöhe zwischen Riehen und Lörrach, auf der auch die Landesgrenze quer durch Obstgärten und Felder verläuft. Vor 80 Jahren war hier eine 8m breite Schneise mit Stacheldraht-Hindernissen und einem hohen Stacheldrahtzaun. Dieser sollte Flüchtlinge und Deserteure hindern, aus Deutschland zu entkommen. Im Wald war ein Stückweit der Standort dieses Zauns noch erkennbar: dicke alte Buchen – ein Streifen dünne, dichtstehende junge Bäume – dicke alte Buchen. Doch in den steilen Abhängen der Eisernen Hand, einem Streifen von 1,5km Länge und 100-250m Breite, wurde der Zaun auf einer Länge von 4km nicht erstellt. Dieser kleine Streifen zog im Verlaufe des 2. Weltkrieges Flüchtlinge magisch an. So konnten sie in die ’sichere‘ Schweiz gelangen, ohne unweigerlich auf deutsche Grenzsoldaten aufzulaufen.
Auf dem Weg dorthin hatten wir 2 Inputs: Fakenews, unweit von diesem Ort vor 80Jahren durch die verlogene, nur Erfolg darstellende Propaganda-Maschine des deutschen Reichs; heute in den sozialen Medien mit vielen Halbwahrheiten und Unwahrheiten zu Corona und der Schutzimpfung; zur biblischen Zeit, als die jüdischen Priester die römischen Soldaten bestachen, dass sie zur Auferstehung Jesu aussagen sollten, dass sie diese Nacht geschlafen hätten (darauf stand im römischen Heer die Todesstrafe). So entstand die Geschichte, dass der Leichnam Jesu in der Nacht von den Jüngern gestohlen worden sei. Der zweite: Nebensächlichkeiten hochspielen und so vom Wesentlichen ablenken: so geschehen mit der Minarett-Initiative oder dem Burka-Verbot (betraf damals 30 Frauen in der Schweiz; vor 1Jahr mussten sich alle in Europa mit einer Maske verhüllen) gegenüber dem Aufklaffen der sozialen Schere zwischen immer reicher-Werdenden und den Menschen, die an der Grenze zur Armut leben, den Umweltproblemen, den Energie- und Rohstoffproblemen. Jesus wurde von der Menge gefragt, was er vom Massaker von römischen Soldaten im Tempel von Jerusalem an Galiläern (die dort einen Aufstand gegen die römische Herrschaft vorbereiteten) halte. Seine Antwort war: „Wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle ebenso umkommen.“
Wir durchquerten die Eiserne Hand, ohne der Grenze zu folgen, und kamen auf deutschem Boden zur Feuerstelle, die von der schweizerischen Riehener Bürgergemeinde errichtet worden war (typisch für diese Grenzgegend). Doch wir hatten zu lange bei den Inputs geredet und deshalb wir die Mittagessens-Zeit knapp: Holz sammeln, Anfeuern, Würste aufs offene Feuer legen und schon bald hiess es wieder aufbrechen, zum Maienhof. Hier hatten die ankommenden Flüchtlinge ersten Kontakt mit Schweizern. Die Bäuerin, die für die Existenz der Familie hart arbeiten musste, bewirtete die Ankommenden und gab trockene, warme Kleider ab. Danach informierte sie, wie von den Behörden befohlen war, die Grenzwache. Diese kontrollierte die Ankömmlinge, suchte die jüdischen Flüchtlinge heraus und führte diese über Riehen sogleich an die Landesgrenze bei Lörrach. Dort wurden sie der Gestapo und somit in den sicheren Tod übergeben. Dies wusste die Bäuerin aber nicht und viele Bewohner in Riehen wollten es nicht wahrhaben. Wir folgen diesem Weg durch den Hohlweg zurück zum Gelände der Kommunität Diakonissenhaus Riehen. Beim Mutterhaus wurden wir von der Oberin, Sr. Doris Kellerhals, empfangen. In der Kapelle stellte sie uns kurz das Werk vor und danach hatten wir unsere Besinnung. Und dann heiss es rasch zur Station zu gehen und sich schon verabschieden.
Die Geschichte dieser Gegend hat stark auf uns gewirkt (Wir sahen fast so aus wie dieser alte Obstbaum). Der Gegensatz in den behördlichen Massnahmen (Riehen führte jüdische Flüchtlinge zurück; der Basler Bürgermeister setzte sich vehement für ihren Schutz ein), in der Bevölkerung selber, das Nebeneinander von mutiger Zivilcourage und blindem Kadavergehorsam war zu gross. Doch ehrlich: Wie hätte ich / wie hättest Du dich in dieser Situation verhalten? Alle Teilnehmer dieser Wanderung wünschten, noch mehr Zeit zu diesem Thema zu haben, sowohl in der Gedenkstätte als auch an der Grenze, um ihr an der Eisernen Hand folgen zu können. Dies möchten Pierre und ich voraussichtlich im Juni nächsten Jahres anbieten.
Bis zu unserem nächsten Treffen wünschen wir allen besinnliche Advents- und Weihnachtszeit und ein gesegnetes Neues Jahr.
Und hoffentlich zum letzten Mal: Gute Gesundheit!
Pierre und Peter